Stakeholdermanagement als Erfolgsfaktor für Besuchermanagement
Erfolgreiches Stakeholdermanagement überlässt den Informationsaustausch, die Zusammenarbeit und das Verhältnis des Schutzgebietes zu seinen Stakeholdern (dt.: Anspruchsgruppen) dabei nicht dem Zufall, sondern gestaltet sie proaktiv.
Ein aktives Stakeholdermanagements hilft Schutzgebieten, …
- die Perspektiven anderer Akteur:innen kennenzulernen und zu berücksichtigen,
- das Verständnis und die Akzeptanz von Managementmaßnahmen zu fördern,
- die Zusammenarbeit mit und zwischen den Beteiligten zu ermöglichen
- und damit langfristig tragfähige Besuchermanagement-Strategien zu entwickeln.
Innerhalb des Stakeholdermanagements treten unterschiedliche Anspruchsgruppen für ihre Perspektiven, Interessen und Bedenken ein. Das Stakeholdermanagement bindet die Stakeholder frühzeitig und regelmäßig ein und zielt dabei auf die Schaffung von Win-win-Situationen sowie die Vermeidung potenzieller Konflikte ab. Sowohl Zeit- als auch Kostenaufwände des Besuchermanagements können davon profitieren.
Für den strukturierten und konstruktiven Dialog werden Austauschformate in Form von (moderierten) Runden Tischen, Arbeitskreisen und Workshops gewählt.
Typische Fragestellungen dieser Formate im Kontext des Besuchermanagement von Radfahrenden in Schutzgebieten sind:
- Welche Besuchermanagement-Strategie verfolgt das Schutzgebiet?
- Welche Stakeholder gibt es und welche Bedürfnisse haben sie?
- Was sind die Zielgruppen im Mountainbiken?
- Wo und wie sind naturverträgliche Angebote für Radfahrende im oder um das Schutzgebiet möglich?
- Welche Besonderheiten aus Naturschutz, Waldwirtschaft, Besitzverhältnissen, rechtlichen Rahmenbedingungen etc. und aktuellen Entwicklungen (z. B. Trockenheit) sind zu beachten?
- Wo bestehen Synergien zwischen den Akteur:innen bzw. wo und wie können diese entstehen?
- Wo bestehen Konflikte zwischen den Stakeholdern bzw. wo können diese entstehen und wie gelöst werden?
Durch die gemeinsame Konsens- und Kompromissbildung können Vorbehalte und Widerstände gegen Besuchermanagement-Maßnahmen (z. B. Wegerückbau, Schaffung neuer Bike-Infrastruktur, Schutzmaßnahmen) reduziert und Vertrauen aufgebaut werden. Langfristig kann die Bereitschaft der Betroffenen zur Akzeptanz und Unterstützung eines Projektes somit erhöht werden.
Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA BW) verdeutlicht dies in ihrer Veröffentlichung „Erfolgsfaktoren für Besucherlenkungskonzepte. Das Beispiel Mountainbiking im Wanderhimmel Baiersbronn“. Hier wird der Stellenwert der Beziehungsebene bei der Entwicklung und Umsetzung lokaler Besucherlenkungskonzepte betont.
Sieben der 13 von der FVA BW angeführten Erfolgsfaktoren beziehen sich auf die soziale Ebene zwischen den Akteur:innen der Region. Diese sind:
- engagierte und gut vernetzte Akteur:innen vor Ort
- die Beteiligung relevanter Akteur:innen durch persönliche Ansprache
- Offenheit und Unterstützung durch die lokale Bevölkerung
- der Aufbau auf Erfahrungen (und Kontakten)
- die Bereitschaft zur Lösung von Konflikten und Offenheit für Anpassungen
- vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Natur- und Artenschutz
- Kommunikation mit Besuchenden
Mögliche Stakeholdergruppen zur Einbindung in das Besuchermanagement von Radfahrenden können sein:
Fahrradverbände und -gemeinschaften
können spezifisches Fachwissen über das Radfahren und die Bedürfnisse der Radfahrenden im Schutzgebiet einbringen und in die eigene Community wirken.
Naturschutz- und Umweltschutzorganisationen
bringen zur Schutzgebietsverwaltung ergänzendes Fachwissen zum Naturschutz und Engagement zur Sicherstellung der Schutzgebietsziele ein.
Forstverwaltung und -betriebe
sind Fachleute für die Belange der Forstwirtschaft, Verkehrssicherung und Waldentwicklung.
Tourismusverbände und lokale Unternehmen
können bei der Vermarktung von Fahrradangeboten und der Verbreitung von Besucherinformationen für nachhaltigen Bike-Tourismus unterstützen.
Politik, Gemeinden und lokale Behörden
bringen lokale Sichtweisen und Anforderungen zum Beispiel in Bezug auf Infrastruktur und Genehmigungsprozesse ein.
Anwohner:innen und (Radfahrende) Schutzgebietsbesucher:innen
geben wichtiges Feedback und fördern das Verständnis für Bedürfnisse, Perspektiven und praktische Erfahrungen der Zielgruppen.
Bildungseinrichtungen und Forschungsorganisationen
liefern Erkenntnisse über die Auswirkungen des Radfahrens auf die Umwelt, die Besucherdynamik und bewährte Praktiken zugunsten der Verbesserung des Besuchermanagements.
Das Stakeholdermanagement im Besuchermanagement leistet – bei angemessener Berücksichtigung – einen wesentlichen Beitrag für die positive langfristige und nachhaltige Entwicklung von Schutzgebieten und Besuchererlebnissen.
Vorlage zum Stakeholder-Mapping
Die Stakeholder-Map dient der Identifikation zentraler Stakeholder, deren Beziehungen sowie Einstellung und Einfluss in Bezug auf geplante Vorhaben zum Besuchermanagement von Radfahrenden.
Das Stakeholder-Mapping erfolgt in zwei Schritten:
- Zunächst werden Anspruchsgruppen und Betroffene des Besuchermanagements identifiziert (siehe Abbildung, linke Spalte).
- Jedem Stakeholder wird je eine Position bezüglich Einstellung sowie Einfluss zur allgemeinen Besuchermanagement-Strategie bzw. einer konkreten Management-Maßnahme zugeordnet.
Ausgehend von dieser Karte ergeben sich unterschiedliche Ansätze und Prioritäten, Stakeholdergruppen zu informieren und einzubinden. Durch verschiedene Austauschformate
ändern sich anfänglich angenommene Einstellungen und relevante Akteur:innen, die auf der
Stakeholder-Map aktualisiert werden sollten (Überprüfung und ggf. Wiederholung der Schritte 1 und 2).