„Natürlich verbunden“ – Trailcentre-Konzept Irland
Im Rahmen des EU-Programms Erasmus+ Sport „Mobility of sport staff“ hatten wir als Mountainbike Forum Deutschland e. V. (MTF) während einer Studienreise nach Irland im August 2024 die Gelegenheit, uns mit verschiedenen Organisationen und Expert:innen aus dem Sport- und Freizeitbereich als auch dem Mountainbike-Bereich zu treffen, um wertvolle Einblicke in die Förderung von Outdoor-Aktivitäten und die nachhaltige Entwicklung von Mountainbike-Infrastrukturen zu gewinnen.
Im Dialog mit den Verantwortlichen vor Ort tauschten wir uns dazu aus, wie Irland auf lokaler und nationaler Ebene daran arbeitet, Mountainbiking gezielt zu unterstützen und gleichzeitig den Natur- und Umweltschutz zu stärken. Auf der Studienreise erhielten wir Einblicke in die Arbeit von:
- Sport Ireland,
- Biking.ie,
- dem Glencullen Adventure Park,
- der Verwaltung des Wicklow Mountains Nationalparks sowie
- Mitgliedern des MAD Mountain Bike Clubs in Dublin.
Im Fokus stand dabei die Angebotsentwicklung als Teil eines erfolgreichen Besuchermanagements. Die Gespräche und Besichtigungen vor Ort boten uns praxisnahe Einblicke in innovative Ansätze zur Förderung körperlicher Aktivität und Natursensibilisierung südlich der Hauptstadt Dublin.
Treffen mit Sport Ireland: Einblicke in das Projekt „Get Ireland Active“
Zu Beginn der Reise besuchten wir Sport Ireland, die nationale Organisation für Sportförderung in Irland, die sich als Pendant zum Deutschen Olympischen Sportbund beschreiben lässt. Wir trafen uns mit Ciara Munelly und ihrem Team, die uns das „Get Ireland Active“-Projekt vorstellten. Diese interaktive Plattform dient als zentrales, frei verfügbares Register für Sport-, Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten sowie Wander- und Mountainbike-Routen in ganz Irland. Sie umfasst Daten verschiedener öffentlicher Einrichtungen, um Bürger:innen einen einfachen Zugang zu Freizeitangeboten zu ermöglichen und sie dabei zu unterstützen, die passende Aktivität in ihrer Umgebung zu finden.
Die Plattform ist nicht nur eine wertvolle Ressource für die Öffentlichkeit, sondern auch ein strategisches Instrument für die Planung und Verwaltung von Sportinfrastrukturen. Durch die Erfassung und Analyse von Nutzungsdaten können Sport Ireland und die lokalen Behörden wertvolle Erkenntnisse über das Sportverhalten der Bevölkerung gewinnen und bedarfsgerechte Investitionen in Sport- und Freizeitangebote tätigen. Dies fördert eine fundierte Entscheidungsfindung, die auf tatsächliche Bedürfnisse und Präferenzen der Nutzenden abgestimmt ist.
Zudem eröffnet die Verknüpfung mit staatlichen sozio-demografischen Daten die Möglichkeit, spezifische Zielgruppen gezielt zu erreichen, wie zum Beispiel Menschen mit Migrationsbiografie oder bewegungsferne Milieus in spezifischen Regionen.
Die Ziele von „Get Ireland Active“ umfassen die Aktivitätsförderung, die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit und die Schaffung eines zentralen, verlässlichen Datenpools für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Sportstättenplanung. Die Plattform hat das Potenzial, das Verständnis und Bewusstsein für die Bedeutung von Bewegung und Sport in der Bevölkerung weiter zu stärken.
Anhand von Anwendungsfällen besprachen wir die Entwicklung und Verwaltung der umfangreichen Datenbank, einschließlich der benötigten technischen Infrastruktur, Schnittstellenintegration und der Herausforderungen, die bei der Erstellung auftraten. Der Stellenwert einer georeferenzierten Datenbank für Outdoor-Infrastruktur bildet das Fundament für strategische Regionalentwicklung und Bewegungsförderung. Eine Grundlage, die auch für deutsche Regionen und Sportvereine wünschenswert wäre.
Besuch im Ballinastoe Trail Centre: Nachhaltigkeit und Naturschutz im Fokus
Ein weiterer wichtiger Programmpunkt unserer Reise war der Besuch des Ballinastoe Trail Centres, wo wir mit Niall Davies, dem Gründer von Biking.ie und erfahrenen Trail-Designer, sprachen. Niall Davies ist eine Schlüsselfigur in der irischen Mountainbike-Szene und fungiert als Bindeglied zwischen Coillte, der staatlichen Forstbehörde und der Mountainbike-Community. In Zusammenarbeit mit Niall Davies hat Coillte fünf Trail-Zentren in ganz Irland entwickelt, die den Auftrag der Forstgesellschaft erfüllen, Freizeitmöglichkeiten in Waldgebieten zu schaffen. Er erläuterte uns, wie die geschaffenen Trail Centre dazu beitragen, Mountainbike-Enthusiasten ein offizielles Angebot bereitzustellen und gleichzeitig den Naturschutz zu fördern.
Denn das Trail Centre in Ballinastoe steht exemplarisch für ein Konzept, das den Bedürfnissen der Mountainbikenden gerecht wird und gleichzeitig ökologische Auswirkungen minimiert. Ein zentrales Anliegen ist es, unautorisierten und potenziell umweltschädlichen Trailbau zu verhindern, indem den Mountainbikenden legale und nachhaltig konzipierte Alternativen geboten werden. Bei der Planung des Trail-Netzes wurde genaustens evaluiert, welche Korridore sich aufgrund Topographie, Bodenbeschaffenheit und weiteren Aspekten am besten für Trails anbieten, ohne dass sensible Naturräume beeinträchtigt werden.
Im Gespräch betonte Niall den intensiven Koordinationsprozess, der erforderlich war, um Coillte für den Aufbau von Trail-Centres zu gewinnen. Dies erforderte umfangreiche Überzeugungsarbeit, um Forstbeamte mit den zum Teil sehr spezifischen Anforderungen der Mountainbike-Community vertraut zu machen. Nialls Fachwissen im Streckendesign war entscheidend für den Erfolg dieser Zentren und stellt sicher, dass die Trails für Bikende aller Könnensstufen geeignet sind. So können Anfänger auf sicher gebauten, gut einseh- und vorhersehbaren Trails erste Erfahrungen sammeln, während auch sehr erfahrene Fahrer:innen auf den gleichen Trails bei deutlich höheren Geschwindigkeiten herausgefordert werden.
Zusätzlich zum naturnahen Trail-Design verfolgt das Ballinastoe Trail Centre eine nachhaltige Betriebsführung, die Aspekte wie Müllvermeidung und Ressourcenschonung in den Vordergrund stellt und auch die Mountainbike-Gäste dafür sensibilisiert. So wird beispielsweise der Wasserverbrauch erfasst und reduziert, Regenwasser gesammelt, ausschließlich ökologisch verträgliche Bike-Reinigungsmittel verwendet und explizit auf Einweg-Produkte aus Plastik verzichtet. Zudem werden in regelmäßigen Abständen Müllsammel-Aktionen in benachbarten Waldstücken organisiert, bei denen die Teilnehmenden als Anreiz und Würdigung Freigetränke im Trail-Café erhalten.
Besuch im Glencullen Adventure Park (GAP)
Im Glencullen Adventure Park trafen wir den Gründer Matt Davy und sprachen mit ihm über die Entwicklung des Parks.
Als einer der wenigen privat betriebenen Bikeparks in Irland bietet GAP 16 Mountainbike-Strecken mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, die es Fahrer:innen ermöglichen, ihre Fähigkeiten schrittweise auszubauen. Der Park spielt eine wichtige Rolle bei der Nachwuchsförderung und der Unterstützung der Mountainbike-Entwicklung nahe Dublin, indem er leicht zugängliche und hochwertige Trainingsmöglichkeiten insbesondere für junge Talente bietet.
Gespräch im Wicklow Mountains National Park: Herausforderungen im Naturschutz
Ein weiteres Treffen führte uns in den Wicklow Mountains National Park, wo wir mit Ann Fitzpatrick von der Nationalparkverwaltung über die Herausforderungen des Naturschutzes und Besuchermanagements austauschten. Wir sprachen über die aktuellen Problemstellungen des Parks, insbesondere in Bezug auf begrenzte finanzielle Mittel und personelle Ressourcen, die die Kapazität für ein effektives Besuchermanagement einschränken. Ann erläuterte, dass Irland im Vergleich zu anderen EU-Ländern erst relativ spät Nationalparks eingerichtet hat, was zu einem landesweiten Bestand von nur sechs Parks führt, eine vergleichsweise niedrige Zahl angesichts der Größe und Bevölkerungszahl des Landes.
Ein besonders dringendes Thema ist der Umgang mit unautorisiertem Mountainbiking auf schmalen Pfaden außerhalb der vorgesehenen Forststraßen. Die Nationalparkverwaltung sucht nach Wegen, um die Mountainbike-Community für den Naturschutz zu sensibilisieren und die Einhaltung der bestehenden Regeln zu fördern. Hierbei fehlen jedoch oft die nötigen personellen Kapazitäten, um umfassende Maßnahmen umzusetzen. In unserem Gespräch tauschten wir Ideen aus, wie durch Aufklärung und den Dialog mit der Community ein besseres Bewusstsein für die ökologischen Folgen unsachgemäßen Verhaltens geschaffen werden kann.
Austausch mit dem MAD Mountainbike Club: Förderung der lokalen Mountainbike-Kultur
In Dublin trafen wir die Mitglieder des MAD Mountainbike Clubs (Mountainbike Association Dublin) während eines ihrer regelmäßigen „Ride-Outs“. Der Club ist seit fast drei Jahrzehnten ein zentraler Treffpunkt für Mountainbike-Enthusiast:innen in Dublin und hat eine aktive Rolle bei der Förderung des Mountainbike-Sports in der Region gespielt.
Colm O'Sullivan, ein Mitglied des Vorstandskomitees, erzählte uns von der Vereinsgeschichte und der Bedeutung, die der Club für die lokale Szene hat. Die regelmäßigen Club-Aktivitäten, von Ausfahrten bis hin zu sozialen Veranstaltungen, haben nicht nur eine lebendige Mountainbike-Gemeinschaft geschaffen, sondern auch neuen Mitgliedern – besonders Anfänger:innen – eine wertvolle Einstiegsmöglichkeit geboten. Der MAD Club fördert aktiv die Vernetzung der Szene und bietet eine Plattform für den Austausch von Wissen und Erfahrungen, was zur Gründung weiterer Clubs und Mountainbike-Angebote in Irland beigetragen hat.
Fazit
Unsere Reise nach Irland im Rahmen des Erasmus+ Programms hat uns nicht nur wertvolle Einblicke in die Förderung und Umsetzung natursensibler Outdoor-Konzepte gegeben, sondern auch zahlreiche konkrete Anregungen für unsere eigene Arbeit. Wir durften beobachten, wie das Biken und der Naturschutz mit einer durchdachten Infrastruktur verknüpft werden kann, aber auch wie wichtig Engagierte und eine bedarfsgerechte Planung sind – nicht nur bei Mountainbike-Infrastruktur.
Für naturverträgliches Mountainbiken werden u. a. die nachfolgenden Aspekte festgehalten:
- Strategische Sportentwicklungsplanungen haben ein besonders hohes Potenzial, auch für Besuchermanagement.
- Professionell geplante und umgesetzte Trail-Netzwerke sowie eine durchgängige Beschilderung erzielen einen hohen Lenkungseffekt.
- Schutzgebiete benötigen für ein effektives Besuchermanagement und eine gute digitale/kommunikative Aufstellung entsprechende Ressourcen und Kapazitäten.
- Die Einbindung der Community wurde erneut als ein entscheidender Faktor wahrgenommen.
Wir nehmen viele wertvolle Ideen mit zurück, die wir in unsere Arbeit einfließen lassen wollen um, den Mountainbikesport als integrativen und verantwortungsbewussten Teil unserer Gemeinschaft weiterzuentwickeln.
Über Erasmus+
Erasmus+ Sport ermöglicht haupt- und ehrenamtlich Engagierten im Breitensport, wie Trainer:innen, Übungsleiter:innen oder Vereinsmitarbeitenden, durch Lern- und Qualifizierungsangebote in Europa ihre Kompetenzen zu erweitern und zur Stärkung der europäischen Idee im Sport beizutragen. Die Nationale Agentur JUGEND für Europa setzt das EU-Programm Erasmus+ Sport in Deutschland um.
Weitere Informationen
www.erasmusplus-sport.de

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